Die Wurstpelle: Von Natur über Kunst zur Alge
Die Vielfalt an Wurst bei uns in Deutschland ist besonders groß: Inklusive aller regionalen Variationen geht man hierzulande von über 1.500 verschiedenen Wurstsorten aus. Es gibt sie in unterschiedlichsten Formen und Größen sowie gebrüht, geräuchert und gepökelt. Was die meisten eint, ist die schlauchartige Grundform. Entscheidend hierfür ist die Hülle oder der Darm, die der Fleischermeister mit dem Wurstbrät befüllt – umgangssprachlich auch Wurstpelle genannt. Bis heute werden verschiedenste Hüllen und Därme zur Wurstherstellung verwendet. Welche, stellen wir dir hier vor.
Naturdärme
Naturdärme sind die älteste Wurstverpackung, die es gibt. Sie bringen einige Vorteile, wie zum Beispiel Nachhaltigkeit, mit sich. Fleischermeister präferieren sie deshalb bei der handwerklichen Herstellung von Wurstspezialitäten. Därme vom Schwein, Rind oder Schaf sind als natürliche Ressource der Inbegriff von „from nose to tail“: Ein im Fleischerhandwerk gelebtes Prinzip, nach dem möglichst viel vom geschlachteten Tier auch verarbeitet wird. Gleichzeitig ist die natürliche Wurstverpackung für Fleischermeister mit der f-Marke genauso ein Qualitätskriterium wie exzellentes Fleisch.
Heike Molkenthin, Vorsitzende des deutschen Naturdarm-Verbandes, erklärt: „Naturdarm ist seit jeher das Markenzeichen einer guten Wurst in Handwerksqualität. Die natürliche Hülle bringt den Geschmack voll zur Geltung, unterstreicht die individuelle Optik und sorgt für den unverwechselbaren Knackeffekt. Dazu punktet Naturdarm gerade in Zeiten von ‚no plastic‘ als umweltfreundliche Verpackung.“
Ohne Naturdärme gäbe es also keine knackigen Würstchen. Neben Schweine- und Rinderdarm sorgen insbesondere Schafsdärme, in Fachkreisen Saitling genannt, aufgrund ihres Durchmessers und ihrer Zartheit für den richtigen „Biss“ und versprechen ein angenehmes Mundgefühl. Saitlinge heißen die Därme von Schafen deshalb, weil sie ebenfalls zur Herstellung von Instrumenten verwendet werden.
Eine ausführliche Übersicht darüber, welches Tier welchen Darm liefert und welche Wurst daraus hergestellt wird findest du auf der Website des Zentralverband Naturdarm e.V..
Kunstdärme
Kunstdärme stellen eine Alternative zu Naturdärmen dar und werden vor allem bei Wurst verwendet, die in großen Portionsgrößen hergestellt wird (z. B. Mortadella). Je nach Rohstoff wird in Kunstdärme aus natürlichen Ausgangstoffen und in solche aus künstlichen Stoffen unterschieden. Beide sind nicht essbar und werden zum Teil direkt nach Fertigstellung wieder von der Wurst entfernt. Natürliche Ausgangsmaterialien sind Pergament, Cellulose, Hautfaser und das Seidengerüst mit Eiweiß (Kollagen). Synthetische Hüllen basieren auf Polyester, Polyamid und PVDC (Polyvinylidenchlorid).
Welcher dieser Kunstdärme man für welche Wurstware verwendet, hängt zum einen von den Eigenschaften der Materialien sowie der Füllmasse, zum anderen von den Erfahrungswerten des Fleischers und der Fleischerin ab.
Innovation: Wursthüllen aus Algen
Fleischerhandwerk bedeutet Kreativität. Deshalb kommen immer wieder neue Innovationen auf den Markt. So zum Beispiel Wursthüllen aus Alginat. Dabei handelt es sich um Salze der Alginsäure, die von Braunalgen und Bakterien gebildet werden. Im Zuge der maschinellen Wurstherstellung ummantelt die gallertartige Masse das Brät und erstarrt schlagartig. Wursthüllen aus Alginat sind essbar: Da jedoch die Verarbeitung von Naturdärmen für die meisten Fleischer und Metzger aufgrund des Ressourceneinsatzes (der ganzen Verarbeitung eines Tieres) wesentlich sinnvoller ist, ist der Trend „Alginat-Wurst“ nicht sehr weit verbreitet.
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